„Die Rennen mit dem Team haben mir sehr geholfen“
Er kam in diesem Jahr als letzter Fahrer zu uns. Und hat als Bahnspezialist einen gewissen Sonderstatus, denn sein Augenmerk richtet sich über die Einsätze mit den Pushbikers hinaus auf Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympia.
Wir haben Liam Bertazzo beim Tissot UCI Nations Cup in Glasgow begleitet und die vergangenen zwei Monate Revue passieren lassen.
Von vielen Austragungen der Revolution Rennserie ist uns das Chris Hoy Stadion in Glasgow gut bekannt – etliche Male fuhren hier Christian Grasmann und seine Fahrer für die Maloja Pushbikers gegen die britischen und internationalen Bahnstars. Nun ist die Bahn in Glasgow Austragungsort für den Tissot UCI Nations Cup – und laut Reglement ist die Teilnahme an den Weltmeisterschaften in Paris Mitte Oktober davon abhängig, dass man bei mindestens einem der drei Weltcup Rennen zuvor am Start ist.
Warm-Up auf der Rolle, dann ist es für Liam und seine Teamkollegen Filippo Ganna, Simone Consonni, Michele Scartezzini und Francesco Lamon Zeit für das Qualifying. Ein gutes Rennen für die Italiener, die bereits bei 2000 Metern in Führung liegen, mit einer entscheidenden Beschleunigung auf dem dritten Kilometer und am Ende mit 3:52,379 die beste Zeit einfahren. Im Semifinale unterliegen sie jedoch, in der Besetzung ohne Filippo Ganna, dem britischen Vierer mit knapp zwei Sekunden Rückstand. Das später folgende Rennen um Bronze gegen Dänemark lässt Erinnerungen an Olympia hochkommen, verläuft diesmal aber nicht zu Gunsten der italienischen Mannschaft – eine Zeit von 3:56.89 bedeuten den vierten Platz.
Liam selbst wurde von Nationaltrainer Marco Villa für alle drei Ausscheidungsrennen eingesetzt und zeigte seine ganze Routine, fuhr ein flüssiges Rennen ohne dabei den Anschluss zum Vordermann zu verlieren. „Mit dem World Cup in Glasgow haben wir wir uns für die Weltmeisterschaften qualifiziert. Aber es war ein seltsames Rennen, Filippo und Simone kamen direkt von der Straße und hatten nicht so viel trainieren können. Wir haben versucht, das Beste rauszuholen und es ist schade, denn die Medaille war greifbar.“
Straßen- und Bahnradsport, wie lässt sich das kombinieren? „Die Straße hilft mir sehr, auch diese Saison“ sagt Liam. „Meine Beine sind besser als zum Beispiel im vergangenen Jahr. Ich habe das Gefühl, dass ich einen guten Pedalantritt habe und ich kann ein größeres Pensum bewältigen. Mir fällt zum Beispiel bei den drei Runden der Mannschaftsverfolgung hier in Glasgow auf, dass meine Beine sich schneller erholen als vorher.“
Für die Pushbikers war Liam sowohl in Kroatien bei der Istrian Spring Trophy im Einsatz als auch zuletzt bei der Tour of Rhodos in Griechenland. „Die Rennen mit dem Team haben mir sehr geholfen. Ich habe eine immer bessere Kondition. Es ist mir gelungen, eine gute Beziehung zum Team aufzubauen, und das hat mir viel Entschlossenheit gegeben, dass ich neue Rennen mit den Jungs bestreiten möchte.“ Ein wenig enttäuscht war er schon, dass er die Rundfahrt in Serbien nicht fahren konnte. Der direkte Kontakt, besonders zu Filippo Fortin, blieb bestehen: „Ich habe in den Tagen vor dem Etappensieg mehrmals mit den Jungs gesprochen und ich hatte das Gefühl, dass die Moral und die Kondition sehr gut waren. Ich sehe den Sieg als ein Zeichen dafür, dass die Arbeit, die wir geleistet haben, richtig war. Wir machen immer noch Fehler, aber wir sind ein Team von Freunden und verbessern uns von Rennen zu Rennen. Meine Aufgabe dabei ist es, Pippo zu helfen und ich fühle mich wie ein Bindeglied, um alle noch mehr zusammenzuhalten. Aber erfolgreich möchte ich auch sein, um zu zeigen, dass dies ein großartiges Team ist.“
Der Wechsel zurück zur Straße geht flüssig weiter: Am ersten Mai fährt Liam bereits wieder mit seinen Pushbikers Teamkollegen Filippo, Felix, Philip, Daniel und Max in Italien den Circuit del Porto. Die nächste Rundfahrt wird voraussichtlich Fleche du Sud Ende Mai sein. „Für mich wird es wichtig sein, im Sommer an Etappenrennen teilnehmen zu können und ab und zu ein einwöchiges Trainingslager auf der Bahn zu absolvieren“ sagt er mit Blick auf seine absoluten Highlights in diesem Jahr: Die Europameisterschaften in München ab 11. August und die Bahnweltmeisterschaften Mitte Oktober. „Mit einem guten Arbeitsblock von zwei Monaten kann man sich optimal vorbereiten. Dabei ist es eine Herausforderung, am Ende der Saison die richtige Form zu haben, denn man muss eine Balance finden: einerseits leistet man bereits viel, andererseits sollte man seine Kräfte bestmöglich regenerieren.“
Viel Erfolg Liam!
Photos | Arne Mill / Frontalvision, Nassos Triantafyllou, Urs Golling
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