„Drei gewinnt“. Bei den Pushbikers auch in der Organisation
Bevor die neue Saison beginnt, möchten wir auch unsere Hauptverantwortlichen hinter den Fahrern zu Wort kommen lassen. Als Teamchef, Sportlicher Leiter der Straßenmannschaft und Chef Trainer der Maloja Pushbikers Future Stars sind sie alle „im besten Alter“, haben ihren eigenen Kopf und arbeiten gemeinsam daran, dass der kleine Kosmos Maloja Pushbikers etwas Besonderes ist und sich zukunftsorientiert entwickelt. Mit ganz viel Liebe und Einsatz – und vielen Nacht- oder Wochenendschichten für den Radsport.
Team Road
Christian Grasmann
Teamchef
Jahrgang: 1981
Bei den Pushbikers seit: immer
„Es macht mich immer wieder stolz und glücklich“
Welche Gefühle begleiten dich zum Ende des Jahres, wenn es wieder einmal heisst: Teamvorstellung?
Ich glaube wir sind auf dem richtigen Weg, um es relativ emotionslos zu formulieren. Mit Emotion lautet die Antwort: Ich bin brutal stolz auf das, was wir inzwischen geschaffen haben. Vor allem aber bin ich sehr stolz darauf, wenn ich bei den Fahrern, Partner und unserem Umfeld insgesamt merke, dass sie unseren Plan verstanden haben und uns auch die Zeit geben, dies umzusetzen. Nachdem wir 2021 ein recht „trockenes“ Jahr des Aufbaus der Infrastruktur hinter uns haben, kommt endlich wieder eines voller Emotionen – das möchte ich versprechen.
Du warst viele Jahre Rennfahrer, Sportlicher Leiter und Teamchef in einem. Wie siehst du dein Aufgabengebiet heute?
Ja, das war schon ziemlich wild in den vergangenen Jahren. Oft hatte ich das Gefühl, immer einen Schritt hinterher zu sein, nur zu reagieren statt zu gestalten. Das hat mich viel Energie gekostet, teilweise auch so viel, dass ich den Rennsport aufgeben wollte.
Ich habe viel Freude an operativen und administrativen Dingen – aber das Betreuer- und Organisationsteam hinter der Straßenmannschaft, die Mitarbeiter im Pushbikers Laden und nicht zuletzt bei Maloja im Headquarter schaffen mir Luft, wieder zu netzwerken, kreativ zu sein und Zeit in Struktur zu investieren. Denn das sehe ich als meine Aufgabe.
Mit Blick auf das Team und die Fahrer 2022, worauf freust du dich besonders?
Auch wenn ich dafür sicher Kritik ernte, freue ich mich vor allem auf etwas „ältere“ Rennfahrer. Sorry Youngsters! Aber ich habe den Eindruck, dass die Älteren der Link zwischen den jungen Fahrern und mir selbst sind. Und dass eine gemischte Struktur den Pushbikers gut tun wird – in der Kommunikation, aber auch tatsächlich bei den Rennen. Zudem konnten wir für 2022 zwei neue Partner gewinnen und haben zuletzt viel Rückhalt erhalten. Das zeigt doch, dass wir unsere Vorstellung von Radsport – und damit etwas schwer Messbares – mit Emotion und Inhalten füllen und das Netzwerk auch daran teilhaben lassen. Das spornt mich an.
Team Road
Rupert Hödlmoser
Sportlicher Leiter Road
Jahrgang: 1987
Bei den Pushbikers seit: 2020
„Ständig weiter entwickeln, denn die Konkurrenz schläft nicht“
Wie lässt sich die Team Struktur für 2022 beschreiben und welche Zielsetzungen sind damit für die weitere Zukunft verbunden ?
Ein Mix aus U23 Fahrern und Elitefahrern. Damit meistern die Pushbikers den Spagat zwischen der Ausbildung junger Fahrer und ambitionierten Leistungssportlern.
Einen ausgewiesenen Top-Sprinter zu verpflichten war unser großes Ziel und wir sind sehr zufrieden, dass uns das mit der Verpflichtung von Filippo Fortin gelungen ist. Damit eröffnen wir unseren jungen Fahrern die Möglichkeit, offensiver fahren zu können. 2021 mussten wir oft mit einem Fahrer an zwei Fronten kämpfen – auf der einen Seite sollte er offensiv fahren, auf der anderen Seite nicht zu offensiv um für einen möglichen Sprint noch fit zu sein. Das hat uns taktisch immer stark gehemmt. Hier erhoffen wir uns nun einen neuen Flow der durchs Team geht. Ebenso sehr zufrieden sind wir mit den weiteren Neuverpflichtungen, auch um eine stabile Mitte im Team zu schaffen, und natürlich mit den Verlängerungen von vier Fahrern aus dem bestehenenden Kader. So haben wir nun ein wirklich gutes Gefühl, dass es uns gelungen ist, Fahrer zu verpflichten, die die Pushbikers Philosophie verstehen und hinter dieser stehen.
Welche besonderen Momente gab es im Prozess der Teamzusammenstellung?
Wir haben diesmal bereits im Juni damit angefangen, erste Gespräche für 2022 zu führen. Im Fortlauf haben wir uns monatliche Zwischenziele gesetzt, um zeitlich festzulegen, wann wir welchen Fahrertyp verpflichtet haben wollen und intern immer wieder den Prozess besprochen. Es gab viele besondere Momente – Hochs und Tiefs. Wenn man es geschafft hat, einen neuen Fahrer zu verpflichten und beide Seiten sind happy, dann ist das schon ein gutes Gefühl. Etwas deprimierend ist hingegen die Erkenntnis, dass man sich als Continental Team immer schwerer tut, richtig gute U23 Fahrer zu bekommen. Die Entwicklung, dass viele direkt von der Junioren Klasse in die World Tour aufsteigen, macht es einem Continental Team nicht einfacher, sich so zu positionieren, dass man eine gute Wahl für erfolgreiche U23 Fahrer ist. Dementsprechend haben wir unseren Fokus etwas verändert und mit Fahrern gesprochen, die aus der U23 heraus sind und sich weiter nach oben entwickeln.
Alle Fahrer haben im Vorfeld einen Leistungstest absolviert, um uns ein Bild von ihrer physischen Leistung zu geben. Rein von diesen Leistungsdaten können wir sagen, wir haben im Kollektiv das stärkste Pushbikers Team seit Jahren. Wie die Fahrer als Team zusammen kommen und ihre Leistung am Ende einbringen, steht auf einer anderen Karte. In punkto Teamspirit haben wir bereits im ersten Teamcamp Mitte November Schritte in die richtige Richtung gesetzt.
Sicher schaust du auch auf die Fahrervorstellungen anderer Teams. Welche spannenden Entwicklungen hast du da bemerkt?
Natürlich beobachtet man die Entwicklungen der anderen Teams. Und für mich als sportlicher Leiter ist die Zeit, in der die Teams ihre Neuverpflichtungen vorstellen, jährlich eine der spannendsten. Man interessiert sich ganz klar dafür, wo gehen Fahrer hin, die man selbst nicht bekommen hast. Ich als Österreicher beobachte zudem immer noch mit großem Interesse die Verpflichtungen der österreichischen Continental Teams. Als sportlicher Leiter eines deutschen Continental Teams aber ist es super interessant, wo geht die Reise in Deutschland hin. Vor allem das Team Lotto Kern Haus entwickelt sich unter der Leitung von Florian Monreal sehr spannend. Bereits 2021 hatte Lotto Kern Haus eine sehr erfolgreiche Saison und ich denke, dass die Teamzusammenstellung für 2022 ähnliches wieder zulassen wird. Entwicklungen wie diese sind extrem wichtig für unsere gesamte Szene. Man darf mit seiner Arbeit nicht stehen bleiben und wie die Athleten auch als Manager nicht den Anschluss verlieren. Es heißt also: ständig weiterentwickeln, denn die Konkurrenz schläft nicht.
Maloja Pushbikers Future Stars
Christian Lichtenberg
Chef Trainer RSV Irschenberg / Maloja Pushbikers Future Stars
Jahrgang: 1989
Bei den Pushbikers seit: über 10 Jahren
„Man muss den Sportlern mehr Möglichkeiten geben, sich zu entfalten“
Nun sind die Maloja Pushbikers kein reines Development Team, aber wie lässt sich die Verbindung zum eigenen Verein und den Future Stars charakterisieren?
Die Maloja Pushbikers sind die Speerspitze. Im Verein beschäftigen wir uns sehr intensiv mit der Förderung von Nachwuchs in allen Altersklassen und in verschiedenen Disziplinen des Radsports. Dabei wird in erster Linie der Spaß am Radsport vermittelt, daraus entwickelt sich bei vielen jungen Menschen Leistungssport. Die Pushbikers dienen dabei als greifbares, konkretes Vorbild – viel näher als die Stars aus dem TV. Das motiviert unheimlich und gibt all dem Streben von leistungsorientierten Jugendlichen ein mittelfristiges Ziel. Mit Bastian Frick in der Vergangenheit und Laurin von Stetten aktuell, haben Sportler aus dem Nachwuchs auch den Sprung nach oben geschafft, das macht das Ganze noch schöner!
Welche besonderen Erfolge gab es 2021, worauf seid ihr im Verein besonders stolz?
2021 gab es viele Erfolge zu vermelden,darunter viele Medaillen und Titel bei den deutschen Nachwuchsmeisterschaften. Besonders schön fand ich zwei Erfolge: den Sieg in der Mannschaftsverfolgung der weiblichen U17 bei der Bahn DM – der bayerische 4er bestand nur aus Athletinnen des RSV Irschenberg (Lilly , Antonia, Magdalena und Pia). Die Mädels haben alle anderen chancenlos in Grund und Boden gefahren. Viele Landesverbände können nicht einmal einen eigenen 4er stellen – wir stellen als Verein einen 4er, und was für einen!! Die Bronze-Medaille bei der DM-Straße war für mich so schön, weil ich Straßenrennen liebe. Wir hatten vorher genau durchgesprochen, wie das Rennen gefahren werden soll. Pia hat es exakt das umgesetzt; erst das Feld auf eine Gruppe dezimieren und dann die Gruppe zerlegen. Großartig! Leider haben wir den letzten Kilometer nicht besprochen, Gold wäre drin gewesen!
Wie bewertest du generell die Strukturen und Chancen für junge Fahrer und Fahrerinnen im deutschen Radsport?
Ich denke die Strukturen sind nicht gut. Das System greift nicht gut ineinander; BDR, Landesverbände, Bezirke und Vereine wirken oft wie entkoppelte Einheiten. Hier und da kommen individuell geförderte Talente nach oben. Aber eine flächendeckende Struktur / Organisation lässt sich nur erahnen. So bleibt die Förderung immer sehr individuell – meist sind es Eltern, Verwandte oder einzelne Förderer, die junge Talente bis zu den Kaderstrukturen bringen. Es werden dann die wenigen Talente verwaltet – das funktioniert oft auch gut – aber zu viele Talente und begeisterte Radsportler fallen durch das Raster und gehen uns verloren. Ich glaube daran, dass aus Masse Klasse entsteht. Die Struktur muss mehr Sportlern Möglichkeiten geben sich zu entfalten und entwickeln. Das erfordert viel Arbeit, ist aber machbar – das machen uns Nationen wie Dänemark vor.
STORY
STORY